URBAN GARDENING
wie Gemeinschaftsgärten unsere Städte verändern
Der Trend Urban Gardening ist nicht zu übersehen. Die Städte wachsen, Gebäude schießen aus dem Boden, doch immer mehr Menschen in der Großstadt möchten frisches Obst, Gemüse und leckere Früchte aus einem Garten ernten. Im Vordergrund stehen bei städtischen Gemeinschaftsgärten neben Ökologie, Ökonomie und Nachhaltigkeit auch die sozialen Verbindungen. Denn beim gemeinsamen Gärtnern lassen sich neue Kontakte knüpfen. Jeder kann mitmachen, egal ob Jung oder Alt und es geht dabei nicht um Professionalität, sondern um den Spaß am Gärtnern, darum Neues zu erlernen und auch um etwas Kreativität. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die freien Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung in Großstädten leider rar sind. So können zur Bepflanzung auf kleinem Raum auch alte Badewannen, Säcke oder Konserven-dosen als Pflanzgefäße dienen. Die selbst gestalteten Gärten sind kreative Orte, an denen ein Stück Natur in die Betonwelt geholt wird.
Die Wurzeln des Urban Gardening liegen in
New York. Denn dort bepflanzte eine Anwohnerin Manhattans, Liz Christy,
im Jahr 1973 einen großen, unbebauten Schuttplatz, welchen die Stadt im
darauffolgenden Jahr als „Bowery Houston Community Farm and Garden”
genehmigte und 1985 zu Ehren der Gründerin in „Liz Christy Garden”
umbenannte. Die Mitglieder bepflanzten Hochbeete mit Gemüse, Obstbäume
und ein Kräutergarten folgten. Auch heute wird der Garten noch gepflegt
und es ist jederzeit möglich, die grüne Oase während der Öffnungszeiten
zu besuchen.
Somit gilt „Liz Christy Garden” als Vorreiter der
Urban-Gardening-Bewegung. Dieser Trend hat sich mittlerweile auf der
ganzen Welt ausgebreitet und auch in Deutschland finden sich zahlreiche
derartige Projekte.
"FuhlsGarden" in Hamburg
Am Grünzug Langefort nutzt der
FuhlsGarden, gemeinsam mit der Kita „Die kleinen Strolche” eine
Teilfläche des sogenannten „Grabelandes” für Hochbeete und eine etwa 40
Quadratmeter große Ackerfläche. Unter Berücksichtigung ökologischer
Kriterien werden samenfeste Sorten von Erdbeeren, Mais, Kartoffeln,
Kürbis, Zitronenmelisse bis hin zur Kapuzinerkresse mit ihren essbaren
Blüten gepflanzt und natürlich auch geerntet. Dabei wechseln sich die
Mitglieder ab, damit der Garten mehrmals pro Woche gepflegt werden kann.
Bei Gartenfesten und Kochevents wird das Gemüse allerdings gemeinsam
mit den Besuchern geerntet und weiterverarbeitet. Und am Ende entsteht
ein leckeres Gericht für alle.
"Prinzessinnengarten" Berlin
Am Moritzplatz in Berlin ist seit 2009 der Prinzessinnengarten angesiedelt, welcher jährlich von etwa 60.000 Menschen besucht wird. Private Beete gibt es im Prinzessinnengarten nicht, denn er ist für alle da und dabei stehen Bio und die Vielfalt von Nutzpflanzen zu erhalten im Vordergrund. Das heißt, es wird naturbelassenes, gesundes Obst und Gemüse geerntet, welches nicht mit chemischen Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde. Ungefähr 1.000 Freiwillige helfen den Garten zu pflegen und aufzubauen, viele Leute kümmern sich durchgehend um den Garten und die Organisation von Veranstaltungen, wie beispielsweise Vorträge und Führungen für Menschen, die sich für den Garten, Ökologie und Nachhaltigkeit interessieren. So wird bei einem Rundgang erzählt, wie die Idee einer urbanen Landwirtschaft aus Kuba in Berlin umgesetzt wurde und aus einer Brachfläche eine blühende Grünfläche entstand. Bei der Führung, die in Deutsch und Englisch angeboten wird, sieht man auch, wie in der Stadt mit Hilfe von recycelten Behältern und organischen Materialien Gemüse angebaut wird. Durch diese Gartenbesichtigungen, sowie durch den Verkauf von Ernte und Pflanzen, werden die Pacht und weitere anfallende Kosten beglichen. Darüber hinaus tragen das Gartencafé und Gartenrestaurant dazu bei, den Garten zu finanzieren. Wenn das Wetter mitspielt, haben Küche und Café während der Gartensaison geöffnet und servieren Speisen, welche aus der Ernte und regionalen, ökologischen Produkten zubereitet werden. Die Pflanzen werden in mobilen Beeten aus Reissäcken und Kisten angebaut, sodass problemlos umgezogen werden kann. Denn es wurde bereits begonnen, einen weiteren Garten anzulegen. Mit dem Umzug nach Neukölln wird ab Ende 2019 als „Prinzessinnengarten Kollektiv Berlin” weitergegärtnert.
"Grünstreifen" in München
Im Bürgerpark in Oberföhring wurde 2016, in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, ein inter-kultureller Gemeinschaftsgarten angelegt. Auf mehreren Quadrat-metern werden dort Gemüse und Kräuter angebaut und geerntet. Von diesen Beeten wird ein Teil Flüchtlingen zur Verfügung gestellt, denn der Grünstreifen ist ein Integrationsprojekt. Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gärtnern gemeinsam. Durch das Engagement für geflüchtete Menschen und die künstlerischen Angebote unterscheidet sich das Projekt von den meisten anderen Gemeinschaftsgärten. Die angebotenen Workshops beinhalten Themen wie nachhaltige Ernährung und ökologische Landwirtschaft, außerdem gibt es Zeichenkurse und weitere Kunst- und Kultur-veranstaltungen. So fördern auch Veranstaltungen zu Re- und Upcyclingkunst den bedachten Umgang mit der Natur. Zudem gibt eine Heilpraktikerin Kurse zur Pflanzenheilkunde und auch an Kräuterwanderungen kann teilgenommen werden. Kursteilnehmer können bei einem lehrreichen Ausflug in den Englischen Garten Kräuter pflücken, aus denen anschließend Tee oder Kräuterquark zubereitet wird. Bei einem Spaziergang durch den Grünstreifen werden Knospen gesammelt um daraus zum Beispiel Öl gegen Hautinfektionen herzustellen.
"NeuLand" in Köln
2011 gründete sich der Verein Kölner NeuLand. Zwischen Südstadt und Bayernthal, auf dem ehemaligen Dombrauerei-Gelände liegt das Gemeinschaftsgartenprojekt. Ziel des Vereins mit etwa 30 Mitgliedern ist es, Bildung sowie bürgerschaftliches Engagement zu fördern und natürlich der Natur- und Umweltschutz. Jedoch muss man kein Vereinsmitglied sein, um beim Gärtnern teilnehmen zu dürfen. In Arbeitsgruppen (AG) finden Menschen zusammen, die gemeinsam Bereiche des Gartens weiterentwickeln möchten. So werden zum Beispiel die Grundlagen der Bienenhaltung erlernt. Dabei bekommen die Jung-Imker der NeuLand-Bienen-AG von der Bienwerk Coelner Imkerei Unterstützung und erlernen somit das Basiswissen von einem erfahrenen Stadt-Imker. Neben zahlreichen weiteren Gruppen, wie die Permakultur-AG, Bewässerungs-AG oder AG Flüchtlinge, die Flüchtlinge in die Gartengemeinschaft einbindet, gibt es im NeuLand eine auf Kinder und Jugendliche abgestimmte Arbeitsgemeinschaft, bei welcher die Umweltbildung im Vordergrund steht. Die Ideen, wie man Kindern spielerisch Themen zu Umwelt und Garten lehren kann, werden dann mit Kindergruppen, Kitas und Schulklassen umgesetzt.
"The Eagle Street Rooftop Farm" in New York
Auf dem Dach eines dreigeschossigen Lagerhauses in Brooklyn, mit beeindruckendem Blick auf die Skyline von Manhattan, wird auf einer 6.000 Quadratmeter großen Fläche eine Bio-Gemüsefarm betrieben. 2008 begann Annie Novak mit der Gestaltung der Eagle Street Rooftop Farm, damals wurden mit Hilfe von einem Kran Kompost, Schiefer und Gesteinspartikel auf das Dach gehoben, welche die leichte Grundlage für das grüne Dach bilden. Nach Bio-Standard werden hier Kräuter und Gemüse angepflanzt. Während der Vegetationszeit wird die frische Ernte auf Wochenmärkten an die Bewohner Brooklyns verkauft, aber auch Restaurants in der Nachbarschaft verwenden die biologischen Produkte für ihre Gerichte. Mit ihrem Buch „The Rooftop Growing Guide” gibt Annie Novak Tipps, wie man ein Hausdach in einen schönen Garten oder eine Farm verwandelt.
Detroit: von der Autoindustrie zum Biogemüse
Detroit war einst der Mittelpunkt der US-Autoindustrie, heute gleichen viele Ortsteile einer Geisterstadt. Denn die Infrastruktur ist zu-sammengebrochen und wer wegziehen konnte, tat es. Doch diejenigen, die in Detroit geblieben sind, nutzten die verlassenen Flächen, um dort Landwirtschaft zu betreiben und haben ein Netzwerk aus mehr als 1.000 sogenannten Urban Farms gebildet. Einige der Farmen und Gärten sind mehrere Hektar groß, andere hingegen nur wenige Quadratmeter. Sie werden von Nachbarschaften oder Genossenschaften betrieben, jedoch sind viele auch privat. So baut beispielsweise die „Earth Works Farm” eines Kapuzinerklosters Obst und Gemüse für die eigene Küche an, woraus kostenlose Mahlzeiten für Obdachlose und Arbeitslose zubereitet werden. Der „Cadillac Garden” befindet sich auf dem ehemaligen Mitarbeiterparkplatz von General Motors, dort pflanzen die Farmer Bohnen und Tomaten in Kisten, welche früher zum Transport von Fahrzeugteilen benutzt wurden.